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Stray

einsame Vierbeiner

Bewegende Zeilen.....

Liebe Familie Mohnes, liebste Rania!

Mit den am Schluss stehenden Zeilen versuchte ich vor vielen Jahren auszudrücken, was ich empfand, als ich aus einem Urlaub von der griechischen Insel Korfu heimkehrte. Erholsame  unbeschwerte zwei Wochen wollte ich auf der Insel verbringen, doch es wurde die traurigste Zeit meines Lebens ...

... aber auch ein Neuanfang, der Beginn meiner unerschütterlichen Liebe zu den Mitgeschöpfen, die wehrlos dem ausgesetzt sind, wozu Menschen fähig sind. Ich wohnte in einem Hotel unmittelbar am Strand. Zwei Wochen lang tat ich Tag und Nacht, was ich konnte, um das stille Leiden meiner vierbeinigen Freunde vom Strand wenigstens für diesen kurzen Augenblick zu lindern und ihnen ihr Überleben ein wenig leichter zu machen,  versorgte notdürftig Verletzungen, entfernte unzählige Zecken, ich weiß nicht mehr, wie viele, befreite von Ungeziefer wo ich konnte, fuhr über die Insel, füllte die Näpfe der Tonnenhunde, die in gleißender Sonne ohne Schutz an kurzen Ketten ohne Wasser und Futter Gottwerweißwas bewachen sollen, stillte Durst und Hunger, gab, was ich geben konnte, anfangs gelähmt und starr vor Entsetzen angesichts solcher Verletzungen, solcher lebender Skelette, solcher unvorstellbarer Grausamkeiten, fassungslos und schockiert, später voller Hass und ohnmächtiger Wut auf die, die solche Verbrechen begehen und auf die, die dabei einfach zusehen! Das Wort Mensch hat für mich seither eine andere Bedeutung, menschlich sein heißt nicht unbedingt gut sein.

Nie vergesse ich das gleichgültige Gesicht des Kellners, der die Taverne mit kochendem Wasser oder heißem Öl vom „lebendigen Müll“ befreite und niemals die Angst in den Augen des kleinen Hundes, als er in die Taverne kam, denn der Hunger war größer als die Angst vor dem Schmerz, den er sicherlich schon kannte. 

Aber fast schlimmer noch traf mich die Ignoranz und das Wegschauen meiner eigenen Landsleute und der anderen Touristen, denen das Essen auch danach noch wunderbar schmeckte, die mich ansahen, als sei ich von einem anderen Stern, als ich wagte laut für einen unnützen, womöglich Krankheiten übertragenden, schmutzigen Streuner öffentlich einzustehen.

Mir war schlecht, nur noch schlecht. Ich habe allein das Lokal verlassen, allein,  und dort gegessen, wo alles echt und ehrlich ist, die Freude, das Vertrauen, der Schmerz - am Strand mit meinen vierbeinigen Freunden, die mir so sehr ans Herz gewachsen waren, die mich immer wieder in Erstaunen versetzten, mit ihrem ungebrochenen Lebenswillen, ihrem Vermögen selbst größte Schmerzen zu ignorieren und die selbst mit schwersten Verletzungen noch aufstanden,  um mir mit Freude entgegen zu kommen. Weil sie, was ihnen „Mensch“ auch antat, immer wieder bereit waren, „Mensch“ eine zweite Chance zu geben und  neu Vertrauen zu schenken.

 

Aber mehr noch als das Lindern ihrer Schmerzen, mehr noch als Wasser und Futter wollten diese Tiere eines: Liebe Liebe Liebe!  …und einen kleinen ganz winzigen Platz nur für immer an der Seite IHRES Menschen. Ich habe in den vergangenen Jahren viele dieser Hunde auf Zwischenstation auf dem Weg zu IHREN neuen Menschen bei mir gehabt und  war immer wieder verblüfft über ihre Fähigkeit, sich unsichtbar zu machen, sich anzupassen, einfach da zu sein, fast lautlos, als hätten sie Angst etwas Falsches zu tun und ihr gerade gewonnenes Paradies wieder zu verlieren. Fast alle dieser Hunde, die ich für kurze Zeit begleiten durfte, waren sofort stubenrein, obwohl die meisten jahrelang auf der Strasse lebten und keine Wohnung oder dgl. kannten. Sie orientierten sich in Rekordzeit in ihrer neuen Umgebung, trotz langer Reise, neuem Klima, neuer Sprache. Durch ihr Leben im Rudel sind diese Hunde meist ausgezeichnet sozialisiert. Gerade die älteren Hunden, wo viele skeptisch waren und meinten, sie fügten sich am schwersten in ein neues Leben, erwiesen sich als am Unkompliziertesten, sie konnte so leicht nichts erschüttern, sie erschienen mir manchmal geradezu weise. Oft nahm ich eine solche graue Schnauze in meine Hände, schaute in ruhige kluge Augen und fragte mich, was diese Augen wohl schon alles gesehen haben, was alles erlebt und durchgemacht.

Mein Sohn nennt unseren inzwischen 9jährigen Rüden Goosy von der griechischen Insel Aegina immer seinen „Hundepapa“. Die Ruhe und Gelassenheit, die unser Goosy ausstrahlt ist regelrecht heilsam und hat vielen vierbeinigen Gästen, die etwas ängstlicher in ihre neue Welt schauten, überzeugt, ihre Flugbox doch zu verlassen und mit Vertrauen in ihr neues Leben zu gehen. 

 

Die Vierbeiner aus dem Süden sind Überlebenskünstler, die meine tiefste Zuneigung und Bewunderung haben und mein Leben und das Leben so vieler anderer, die sich für ein Leben mit einem dieser einzigartigen Wesen entschieden haben, unglaublich bereichert haben. Bei jedem Einzelnen, den ich aus der Flugbox heraus in meine Arme schloss und später SEINEM Menschen übergab, durchströmte mich ein Gefühl der Erleichterung und des Glücks.

 

Auf Korfu gab es damals noch keinen Tierschutz, Tierärzte weigerten sich sogar Streuner zu behandeln, so wie auch meinen blinden Freund vom Strand, für den ich daheim unten stehende Zeilen schrieb. Die Reiseleiterin versprach, sich nach meiner Abreise um ihn zu kümmern. Tief in mir wusste ich aber, wo er danach wieder landen würde, hoffte, dass ich mich irrte.

 

Er war schlimm, der Tag meiner Abreise. Nie vergesse ich die kleinen und großen Felle, die traurig dem Bus nachschauten und am Horizont immer kleiner und kleiner wurden, wieder ihrem Schicksal und Überlebenskampf überlassen, bis ein neuer Bus mit Touristen kommt…und mit ihnen vielleicht eine andere streichelnde, fütternde, lindernde Hand.

Ich musste mich damals zwingen,  meinen Verstand einzuschalten um nicht kopflos und blauäugig zu versuchen, wenigstens einen mit ins Flugzeug zu nehmen. Es fiel mir so unglaublich schwer. Ich kam mir vor, als ließe ich meine Freunde im Stich oder schlimmer noch, als überließe ich sie dem Tod, denn was sollte aus meinem blinden Freund werden? Aber ich hätte auch gar nicht gewusst wie, hatte vor Ort keine Hilfe, niemanden der mir geholfen hätte,  so einen kranken Streuner ausreisefertig zu machen oder zu betreuen, bis er geimpft werden und hätte nachkommen können.  Die Gedanken daran werde ich nie mehr los und ich wünsche mir, vielen anderen geht es auch so, denn durch diese Gedanken bleiben wir wach, wach um hinzuschauen und zu helfen, jeder auf seine Weise.

 

Ich habe heute immer noch das Gefühl, nicht ALLES getan zu haben. Daheim suchte ich damals vergeblich nach einem Tierschutzverein auf Korfu, aber ich fand Kontakt zur Arche Noah Kreta, der ich mich sofort anschloss, einem Verein, der, wie inzwischen viele andere auch, Korfu und anderen Inseln und Vereinen Hilfe leistet und bis heute neben der praktischen Hilfe (Futterbeschaffung, Kastrationsaktionen, tierärztliche Versorgung, Tiervermittlung und und und)  auf großartige Weise bemüht ist, die Einstellung in den Köpfen der Menschen, vornehmlich der neuen jungen Generation, aber auch die der Hotelbesitzer und ihrer Angestellten zum Tier zu verändern und damit das Leiden der Streunertiere eines Tages zu beenden, eine Vision, der seit damals unzählige Vereine folgen. Es macht mich glücklich zu sehen, wie viel seit damals für den Tierschutz auf der ganzen Welt getan wird. Hier leisten großartige Menschen (Menschen wie du, liebe Rania!) eine großartige Arbeit, leben ihr Leben für die Tiere, geben denen, die wehrlos und stumm sind Schutz und eine Stimme.

Diese Menschen brauchen unsere Hilfe und verdienen unsere ganze Hochachtung, unseren ganzen Respekt!

 

2002 übernahm ich von der griechischen Insel Aegina einen zweijährigen Rüden, unseren Goosy  Kurz darauf eine einjährige Notfallhündin aus Barcelona, der die Tötung drohte. Lula hatte Leishmaniose. Dennoch holte ich sie ohne zu zögern zu uns. Ich hatte mich ausführlich mit den möglichen Krankheiten im südlichen Raum befasst, es bereitete mir dadurch keine Angst mehr. Lula verbrachte fast symptomfrei fünf glückliche Jahre in unserer Mitte. Leider litt sie plötzlich an einer heimtückischen Krankheit, die nach und nach alle Muskelzellen im Körper zerstörte, es begann mit der Speiseröhre, die erschlaffte, sie konnte nichts mehr bei sich behalten, wir haben alles versucht, verschiedenste Füttertechniken, Aufbaufutter, alles was ging. Haben mit Lula gekämpft. Ihre Lebensfreude war bis zum Schluss ungebrochen. Niemand sah ihr an, wie krank sie war.  Fast zu spät erkannten wir, dass wir sie loslassen mussten. Lula schlief im Frühjahr für immer in meinem Arm ein, ohne Angst und Schmerzen. Unsere Trauer war unendlich. Unser Goosy veränderte sich von einem Tag auf den andern, er wirkte plötzlich müde und alt. Ein Licht war in unserer Mitte erloschen, es war so still.

 

Ich wurde danach immer wieder von demselben Traum heimgesucht: Ein schwarzer Hund stand in der Ferne auf einer grünen Wiese und rief nach mir, ich glaubte, es sei Lula. Ich hatte schon manchmal Angst einzuschlafen. Und als ich wieder einmal nicht schlafen konnte, begann ich auf einmal wieder, mich ziellos im Internet durch die Hundeseiten zu klicken.   Und da waren sie plötzlich, diese unglaublich großen braunen, so tieftraurig schauenden Augen, dieser kleine dünne geschundene Körper, fast ohne Fell: GRACE

Ihre Augen ließen mich nicht mehr los. Selbst nachts stand ich auf, um die Bilder wieder und wieder anzuschauen.

 

Mein Herz klopfte so freudig wie auch bei Goosy und Lula, als ich sie im Internet entdeckte, dieses ganz besondere Gefühl eben.  Als mein Sohn dann sagte, Mama hol sie endlich her, griff ich sofort zum Hörer und alles ging dann ganz schnell. Rania schickte noch mehr Fotos und beschrieb sie so liebevoll. Was für eine Freude, als im Juni der Anruf kam, sie käme eine Woche früher als geplant.

Mein Herz hat mit Gracy die Reise gemacht, und ich war in Gedanken bei Rania, weil ich fühlte, wie unendlich schwer ihr der Abschied fiel. Grace ist der Hund ihres Herzens, sie hat sie halbtot am Strand gefunden, entgegen aller Aussagen der Tierärzte fest daran geglaubt, dass Gracy leben wird und so viel für sie getan. Und nun sollte sie ihre Grace einem Menschen anvertrauen, den sie nicht kannte. Ich konnte so gut  verstehen, was sie fühlte und welche Sorgen sie quälten. Sie bat uns inständig, Grace so sehr zu lieben, wie sie sie liebt.

Liebe Rania, man kann gar nicht anders, als dieses wundervolle Wesen zu lieben! Das Erste, was mir am Flughafen auffiel, waren wieder diese riesigen braunen Augen und die Ruhe, die sie ausstrahlte. Es war Liebe auf den ersten Blick, unsere Grace! Ich kann es nicht beschreiben, Grace hat etwas, wofür es keine Worte gibt, sie geht mitten ins Herz. Meine Nachbarin musste weinen, als sie sie zum ersten Mal sah. Ja, Grace strahlt etwas aus, was einen zutiefst berührt. Sie ist von stillem ruhigem Wesen, ganz anders als unsere verrückte Lula, aber Gracy soll auch Lula nicht  ersetzen. Lula ist Lula und Grace ist Grace,  dennoch hat Grace eine große Lücke in unseren Herzen gefüllt.

Niemand kommt an ihr vorbei, ohne sie zu streicheln. Sie ist extrem liebe- und kuschelbedürftig.  Rania beschrieb sie mit „einfach hingebungsvoll“ Das trifft es wohl am meisten.

Ich glaube, das Schönste für Gracy ist, dass sie nachts nicht mehr allein sein muss. Die erste Zeit hat sie sich nachts immer in unser Bett geschlichen und regelrecht auf uns drauf geschlafen, am liebsten mit dem Kopf auf unserem Hals. Sie genießt die Nähe unheimlich. Inzwischen weiß sie, dass nachts alle da bleiben, und sie verlässt  ihr kuschelweiches Körbchen, das direkt neben unserem Bett steht nur noch, wenn es draußen knallt oder gewittert, dann mag sie nicht allein schlafen.

 

Auch Gracy war von Anfang an stubenrein. Sie macht alles nach, was Goosy macht (auch den Blödsinn, wie Müll klauen, Goosy ist nämlich wieder der Alte…) Draußen läuft sie ohne Leine, bleibt immer dicht dabei, auch andere Hunde interessieren sie nicht besonders. Sie geht gern spazieren, freut sich aber immer riesig, wenn ich sage, wir gehen heim. Dann blüht sie auf und geht sogar mal aus sich heraus und rast übermütig über die Wiese. Ich glaube, ihr Zuhause und dass immer jemand da ist, ist das Größte für sie,  hier fühlt sie sich sicher und geborgen. Die Welt da draußen hatte sie lang genug.

 

Liebe Rania, immer wieder denken wir mit Schrecken daran, was geworden wäre, wenn du dieses wundervolle Wesen nicht gefunden und gerettet hättest. Du wirst immer in unseren Herzen sein und in Gracies auch. Wir danken dir für alles von ganzem Herzen und wünschen dir und allen Helfern weiterhin viel Kraft und Erfolg für eure so wichtige Arbeit, damit all die Gracies dieser Welt,  die jetzt noch da draußen sind, auch ohne Schmerz und Leid leben können.

 

Danke!!!

 

Alles Liebe

Annett

Hier nun meine Zeilen, in denen ich vor vielen Jahren meine Korfu-Eindrücke versucht habe zu verarbeiten:

Geschrieben für Goosy (unser Rüde von der griechischen Insel Aegina) und die Tiere in Südeuropa, vor allem aber für den namenlosen Streuner, dessen Blindheit mich vor über zehn Jahren am Strand von Korfu sehend machte:

Es sind deine Augen


Es sind deine Augen, die aus der Ferne schaun, so voller Vertrauen, mitten ins Herz -
in ihnen liegt ein stummer Schmerz.

Es sind deine Augen, durch die Licht fällt, auf die Verlorenen und Vergessenen dieser Welt.

Es sind deine Augen, die meine öffnen, seh nun klar, wo vorher nur Dunkel des Verdrängens war -
höchste Zeit für eine neue Wirklichkeit!

Dein Blick wird leer, und ich weiß, du kannst nicht mehr.
Es sind deine Augen, die mich meiner heilen Welt berauben, wache auf, nehm dein Leiden nicht länger in Kauf -
halt durch, halt aus, ich hol dich da raus!

Du hast dich noch einmal aufgerafft und den Sprung zurück ins Leben geschafft.

Es sind deine Augen, sie machen mich stark, kann wieder glauben,
kann wieder lachen und Unmögliches möglich machen.
Für tausend Augen, stummes Flehn, werd ich nicht ruhn und alles tun, die Mauern der Ignoranz überwinden
und den Weg in die Herzen der Menschen finden.

Es sind deine Augen, die mir Trost und inneren Frieden geben und meinen Platz im Leben.
Und es sind meine Augen, die sagen, mein Freund, ich brauche dich!

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