Ein Erfahrungsbericht.
Vielleicht erinnern Sie sich an Frosos Geschichte? Froso, die scheue, in sich gekehrte zehnjährige Bracken-Mix-Hündin, die das Höllen-Tierheim von Sparta überlebte, im Furever Land aufgenommen und schließlich von unserem Team-Mitglied Birgit adoptiert wurde. Birgit und Froso haben einen „Krimi“ hinter sich, den sie gerne mit Ihnen teilen – denn keiner ist gefeit vor „Hund ist weg“!
Am 6. Oktober 2024 um 21:45 Uhr ging einer unserer Rauchmelder an, eine Sekunde Unachtsamkeit, eine nicht ins Schloss gezogene Haustür – und Froso entwischte – natürlich in heller Panik. Denn Froso ist so geräuschempfindlich, dass sie aus dem Esszimmer flüchtet, wenn in der Küche die Geschirrspülmaschine anspringt (weshalb diese bei uns nur noch nachts läuft). Froso, die Angsthündin, die gerade mal sieben Monate bei uns war …. Unsere Welt stand still ….
Nach unserer so naiven wie erfolglosen Suche mit Taschenlampen in der Nacht noch der Anruf bei der örtlichen Polizei und den AB zweier Hunde-Such-Vereine (leider fand ich bei meiner Internetsuche nur solche am anderen Ende der Republik). Die Haustür blieb offen, ich wach, falls Froso zurückkäme. Am nächsten Morgen Anrufe beim nächstgelegenen Tierheim, unserem Tierarzt und den Jägern der Umgebung. Von meiner Team-Kollegin Miriam bekam ich telefonisch Tipps – Froso war schließlich nicht „ihr“ erster entlaufener Hund –, aber aufgrund der Entfernung konnte sie „nur“ telefonisch unterstützen. Der Rückruf einer der Hunde-Such-Vereine nannte mir dann die Adresse eines Hunde-Such-Vereins in unserer Gegend. Leider blieb aktive Hilfe durch diesen Verein aus, obwohl er nur ca. 40 km von uns entfernt ist. Nur „Tipps“ per Telefon: Erst einmal keine Flyer verteilen, weil sonst die Leute den Hund aktiv suchen und damit weiter wegtreiben würden. Ohne zu fragen, um was für einen Hund es sich handelt, meinte die Dame des Vereins, dass die meisten Hunde innerhalb von 48 Stunden von ganz alleine zurückkämen, so bestimmt auch Froso. Letzteres haben wir nicht geglaubt, ersteres ignoriert und angefangen, in den benachbarten Weilern Flyer zu verteilen.
Tatsächlich bekamen wir aufgrund der Flyer Anrufe, wo Froso gesichtet worden war. Der Hunde-Such-Verein riet daraufhin, an diesen Orten einen Futternapf hinzustellen und per Wildkamera zu überwachen (als ob es eine Selbstverständlichkeit wäre, dass jeder Haushalt mindestens eine solche Kamera besitzt). Wenn Froso mehrmals (!!!) an einem Futterplatz auftauchen würde, kämen sie mit einer Falle. Mehrmals an einer Stelle? Wir wären schon froh gewesen, wenn sie an einer Stelle ein zweites Mal gesehen worden wäre. Ich hatte dann die Idee, selbst eine Falle zu kaufen oder zu leihen, um diese SOFORT dort aufzustellen, wo Froso EINMAL gesehen wurde. Das war die beste Idee, die ich haben konnte. Nein, nicht die Idee als solche, die war natürlich „Quatsch“, aber über eine Firma, die Fallen verleiht, bekam ich die Adresse eines anderen, diesmal kompetenten Hunde-Such-Vereins, wie der andere in ca. 40 km Entfernung von uns. Zwei Ehrenamtliche (die Hilfe kostet nichts, Spenden natürlich willkommen), Lea und Michaela, waren binnen zwei Stunden bei uns, um sich ein Bild von der Lage zu machen, sie notierten sich alle Sichtungen und erstellten daraus eine Karte mit Frosos vermutlichen Laufwegen. Dass bereits eine Woche verstrichen war, seit Froso entlaufen war, machte es für Lea und Michaela nicht einfacher, und da die Gegend, in der wir wohnen, sehr dünn besiedelt und weitläufig ist, richteten sie sage und schreibe elf Futterstellen ein, alle ausgestattet mit den vereinseigenen Internet-überwachten Kameras mit Alarm auf ihre Handys. Wenn Froso an einer der Futterstellen auftauchen würde, würden sie eine Falle aufstellen. Denn wenn ein Hund einmal eine Futterstelle angenommen hat, kommt er mit 99-%-iger Wahrscheinlichkeit dorthin zurück. Ja, wenn …. Wir bekamen jede Nacht hübsche Fotos, wie es sich Fuchs, Dachs, Marder, Katzen und Mäuse schmecken ließen – nur Froso fehlte auf den Kamerabildern. Lea und Michaela verteilten Flyer, posteten und gaben eine Suchanzeige in der Zeitung auf. Sie waren unermüdlich im Einsatz, gaben nie auf und waren damit nicht „nur“ aktiv eine große Hilfe, sondern auch emotional.


Alle paar Tage wurden Sichtungen gemeldet. Der Vorteil unserer dünn besiedelten Gegend: wenige Autos, der Nachteil: auch wenige Sichtungen. Da die Sichtungen auch nur telefonisch ohne Foto gemeldet wurden, war nicht einmal sicher, dass es sich um Froso handelte. Trotzdem war für uns jeder Anruf eine kleine Erlösung – „sie lebt noch“. Das „wahrscheinlich“ blendeten wir aus. Während mein Mann zuhause die Tiere versorgte, fuhr ich von morgens bis abends von Dorf zu Dorf, von Weiler zu einsamem Gehöft, zu Lebensmittelläden, Tankstellen etc. und verteilte die Flyer, knapp 300 insgesamt. Die Anteilnahme und Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung waren überwältigend, die Flyer wurden abfotografiert, gepostet und geteilt – bald hatte ich das Gefühl, dass jeder im Landkreis Frosos Foto kannte. Aber mit der Zeit wuchs die Verzweiflung. Wenn ich von meinen Touren nach Hause kam, war ich am Boden – wie sollte man in diesem riesigen weitläufigen Gebiet jemals einen kleinen scheuen Hund wiederfinden?
Die Sichtungen zeigten, dass sich Froso kreisförmig im Abstand von 4 bis 10 km um unser Haus bewegte. Nach drei Wochen (!!!) kam endlich ein entscheidender Hinweis eines Jägers, dass seit zwei Tagen ein ihm unbekannter Hund in seinem Wald aus- und eingehe. Und dann schickte der Jäger auch noch ein Foto – es war Froso!!! Lea und Michaela rasten zu dem Wald (ca. 4 km von uns entfernt), sahen Froso sogar aus der Ferne und bauten drei Futterstellen mit gebührendem Abstand um sie herum auf. Und tatsächlich! Im Schutz der Dämmerung kam Froso zu einer dieser Futterstellen und machte sich hungrig über das Futter her. Also rückten Lea und Michaela noch einmal aus und stellten die Falle auf. Keine zwei Stunden später bekamen sie Alarm auf ihr Handy, Froso strich um die Falle, der Hunger war offenbar sehr groß, sie ging rein und die Profis lösten per Fernsteuerung im genau richtigen Moment, nicht zu früh und nicht zu spät, die Falle aus. Froso war gesichert – auf den Tag genau nach drei Wochen!

Mit dem Anruf „Froso ist in der Falle, wir schicken Euch den Standort, fahrt hin, Ihr seid schneller dort als wir“ fing die Welt an, sich wieder zu drehen. Froso wurde in der Falle (auf einem Spezialautoanhänger) nach Hause transportiert. Sie wusste sofort, wo sie war und „verschwand“ an ihrem Lieblingsplatz unter der Treppe. Wie oft hatte ich mich in den letzten drei Wochen gefragt, ob ich sie jemals noch einmal dort sehen würde. Sie wurde sogleich von ihren beiden „Schwestern“ begrüßt – wenn man es vermenschlichen möchte: vorwurfsvoll begrüßt. „Wie kannst Du unseren Eltern solche Sorgen machen?“ 😊. Das Gefühl bei diesem Anblick ist mit Worten nicht zu beschreiben, und die Erinnerung treibt mir immer noch die Tränen in die Augen.
Dünn war sie geworden (18 statt 23 kg), aber unverletzt, 15 Zecken haben wir entfernt (der Bluttest ein paar Wochen später war trotzdem negativ). Und anhänglicher war sie. Auch ohne Vermenschlichung: Man hat ihr angemerkt, dass sie froh war, wieder zuhause zu sein. Nur: Ohne Lea und Michaela wäre sie nicht wieder nach Hause gekommen.


Und die Moral von der Geschicht? Es kann immer passieren, dass ein Hund entläuft, egal, wie vorsichtig man „normalerweise“ ist. Man sollte sich im Vorfeld erkundigen, damit man im Notfall wichtige Kontaktdaten (Polizei, Jäger, Hunde-Such-Verein etc.) parat hat. Wir werden in Kürze hier auf unserer Website einen Beitrag veröffentlichen, der Tipps zusammenstellt, was man tun sollte, wenn bzw. bevor Hund entlaufen ist und woran man einen kompetenten Hunde-Such-Verein erkennt (Sie haben ja sicher gemerkt, dass es da riesige Unterschiede gibt). Wir werden auch versuchen, Adressen kompetenter Vereine in diesem Beitrag zusammenzustellen – in der Hoffnung, dass SIE nie eine davon brauchen werden.
„Hunde-Such-Verein“ heißt übrigens in den seltensten Fällen, dass ein Suchtrupp mit Hunden ausrückt, um einen entlaufenen Hund zu suchen. Einen gesunden „lauffähigen“ Hund würde man mit so einer Aktion vertreiben. Suchhunde werden nur eingesetzt, wenn es sich bei dem entlaufenen Hund um einen sehr alten/langsamen oder einen dementen/orientierungslosen Hund handelt oder wenn man befürchtet, dass sich der Hund mit Leine oder Geschirr festgehangen hat.
Und wenn man selbst einem Hund ohne dazugehörige Menschen begegnet? Das Allerwichtigste: Nicht beachten, nicht ansprechen, schon gar nicht darauf zugehen, einengen, verfolgen und einfangen wollen. Sie würden den Hund nur vertreiben – und wenn er in Panik flüchtet, passt er nicht mehr auf mögliche Gefahren auf! Die meisten Hunde, auch menschenbezogene, reagieren in der Ausnahmesituation, weggelaufen und alleine unterwegs zu sein, panisch und erkennen selbst ihre eigenen Besitzer nicht auf Anhieb und nur aus nächster Nähe. Wenn möglich, machen Sie ein Foto und schicken Sie es samt Sichtungsort an die Polizei.

